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Warum Lösungsorientierung manchmal Gift für den Baum der Erkenntnis ist

In großen Transformationsprozessen, aber auch in kleineren Teamentwicklungen existiert meist ein (vages) Bild von dem was sein sollte und was nicht sein sollte. Dann wird über Zielbilder, Storytelling, Trainings und Retros versucht, etwas am Status-quo zu verändern. Diese Arbeit ist auch mein tägliches Brot und gegen viele der genannten Punkte ist grundsätzlich nichts einzuwenden.

Allen Bemühungen zum Trotz läuft die Veränderung dann oft anders als gedacht, zu wenig, zu langsam oder in die „falsche“ Richtung. Dann wächst die Suche nach Maßnahmen und Lösungen, die Frustration steigt.

Nach meiner Erfahrung mangelt es in diesen Situationen oft an der kollektiven Erkenntnis. Man arbeitet am Zielbild und vermeintlichen Maßnahmen, ohne wirklich zu verstehen, wie die aktuelle Situation überhaupt entsteht und einigt sich dann auf gemeinsame Appelle: „ab morgen machen wir es besser“. Solche Appelle ereilt jedoch in der Regel das gleiche Schicksal wie Neujahrsvorsätze.

Es wirkt kontraintuitiv, sich in solchen Momenten von der Lösungsorientierung und der Suche nach Maßnahmen temporär zu verabschieden, weniger zu tun statt mehr. Doch gerade hier kommt es nach meiner Erfahrung auf Zuhören, Reflektieren und offenen Austausch an. Sehr gerne verwende ich hierfür Formate wie z.B. das Conversation Café aus den Liberating Structures. Das Tempo ist viel geringer als in einer typischerweise eng getakteten Retro, die Erarbeitung von Maßnahmen und Verteilung von Verantwortlichkeiten entfällt.

Das ist ungewohnt und gefällt auch nicht jedem. Aber gerade hier habe ich Momente des Verstehens, der Erkenntnis und der gemeinsamen Verbindung erlebt wie sonst kaum. Schwelende Konflikte wurden gelöscht, kleine Schritte der Veränderung sind im Nachgang wie von selbst erfolgt.

Wichtige Ergänzung zum Standardablauf des Conversation Café: vor einer Sprech-Runde gebe ich den Teilnehmenden immer 1-2 Minuten, um selbst zu reflektieren was sie sagen wollen und sich ggf. Notizen zu machen. So kann danach jede:r aufmerksam zuhören und muss nicht parallel überlegen, was sie/er sagen möchte.

Was sind eure Erfahrungen, welche Formate unterstützen Veränderungsvorhaben im Team?