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Soziale Energie jenseits von höher, schneller, weiter

Was wäre, wenn unser Leben gar nicht von Input-Output, Beschleunigung und immer höherer Effizienz geprägt sein müsste?

Ich starte gerade dankbar und mit einem Gefühl der tiefen Verbundenheit, Energie und Zuversicht in die Woche – trotz der ganzen Krisen, die auch mich immer mehr erschüttern. Dieses Gefühl ist wie ein Zaubertrank gegen unseren aktuellen Operationsmodus der dynamischen Stabilisierung, also der „Aufrechterhaltung des Bestehenden durch beständige Steigerung der Produktion, des Tempos, der Innovationsleistung“.

Der Soziologieprofessor Hartmut Rosa beschreibt in einem ZEIT Verlagsgruppe Artikel von Anfang des Jahres ganz wunderbar, wie uns der „rasende Stillstand“ individuell und als Gesellschaft ausbrennen lässt und auch immer mehr Menschen in den Populismus treibt. Als Gegenmittel nennt er die zirkuläre soziale Energie, die wir doch alle kennen: das energetisierte Gefühl nach einem Abend mit Freunden, auch wenn ich eigentlich müde war, die Energie, die beim Singen oder Musizieren entsteht, die Energie der Natur nach einem Spaziergang. Alles Beispiele, in denen wir Energie hineingeben, im Flow waren und am „zirkulären Energiestrom“ partizipieren.
Konkret: irgendwie ist mehr und gute Energie entstanden, ohne dass diese Energie oder der „Input“ an einer anderen Stelle fehlt, wie es bei unserem Lebensstil sonst oft der Fall ist.

Hartmut Rosa leitet drei Punkte ab:
1. Soziale Energie ist keine individuelle Ressource, sondern eine kollektive Kraft.
2. Sie ist nicht als Ressource zu verstehen, sondern sie entsteht durch ihre Verausgabung.
3. Sie existiert nur in der Bewegung, sie ist zirkulierende Energie – sobald wir sie „haben“ wollen, verschwindet sie.

Seine These lautet daher, dass Anstrengung zu mehr Energie führt, wenn unser Fokus auf dem Geschehen selbst liegt und nicht auf der Input-Output Beziehung.

Das springt nach meiner Sicht noch deutlich zu kurz und das scheint auch Hartmut Rosa so zu sehen, dann er sieht es als eine noch zu leistende Arbeit der Soziologie, die soziale Energie weiter zu erforschen, zu verstehen und nutzbar zu machen: Wie kann der Fluss sozialer Energie (gesellschaftlich, politisch, wirtschaftlich) zirkulieren, welche Bedingungen fördern ihn und wie wird er blockiert oder nimmt destruktive Formen an?

Den Artikel zu lesen lohnt sich und hat mir als kleines Puzzleteilchen noch mehr Information gegeben, woran ich mich orientieren möchte und zu welcher Art von Geschehen ich mit meiner Energie beitragen/ teilhaben möchte.

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