post img

System-WHAT?

Systemtheorie ist intellektuell ja wirklich kein kleines Brötchen und ich versuche mich dem schrittweise zu nähern – hab mich aber doch schon öfters gefragt, wie genau Luhmann und systemische Coachingansätze zusammenhängen bzw. sich unterscheiden.

Im LEA Podcast https://lnkd.in/eXWkXD4M gibt Barbara Kuchler darauf eine Antwort: Systemiker (Coaching, Therapie, Beratung) arbeiten zwar auch mit Polen, versuchen letztendlich aber immer eine Einheit oder einen Ausgleich herzustellen und das Leben von Menschen zu verbessern. Systemtheoretiker gehen einfach immer weiter in die Differenzierung und versuchen weder einen Ausgleich zu erreichen, noch etwas zu verbessern, sondern immer genauer zu beobachten und zu beschreiben.

Doch das war für mich nicht die einzige spannende Perspektive des Gesprächs, hier ein weiterer Gedanke (von vielen, reinhören lohnt sich!):

„Alles Wichtige im Leben passiert durch Zufall… Die Vorstellung, dass man sein Leben planen und optimieren könnte, funktioniert sowieso nicht.“

Und doch ist von allen Seiten der Druck von Individualisierung und bewusster Identitätsfindung zu spüren. Aber was genau ist die Funktion von Identität in der Gesellschaft bzw. wie kommt es überhaupt dazu?

Mit Identität (bzw. Individualität) und den damit einhergehenden Entscheidungen lösen Menschen die Herausforderung, sich durch die verschiedenen Funktionssysteme der Gesellschaft (z.B. Wirtschaft, Recht, Politik) und deren Widersprüchlichkeiten zu navigieren. Die moderne Gesellschaft ist zu komplex differenziert, um Menschen einfach ihren Platz zuzuweisen, wie es in früheren Gesellschaften der Fall war. So gibt es z.B. noch keine gesellschaftliche Lösung für die Vereinbarkeit von zwei Berufstätigen und Familie und daher wird der Druck der Lösung auf jeden Einzelnen gelegt.

Für mich heißt das ein Stück weit, dass Identität ist im Grunde sowohl Lösung (Orientierung in der Gesellschaft) als auch Problem ist (z.B. wie komme ich überhaupt zu Identität? Wie stabil, wie flexibel muss sie in einer sich ständig wandelnden Gesellschaft sein?).

Danke an Barbara Kuchler und Christina Grubendorfer für das spannende Gespräch und danke an Svenja Hofert für die Empfehlung (deren Newsletter ich übrigens auch sehr empfehlen kann https://lnkd.in/eTSvdC6B)!